Digitalisierung von Schulen – Teil 3: Infrastruktur in den Schulen

(CB) Für eine erfolgreiche Digitalisierung ist nicht nur eine zentrale Kommunikations- und Lernplattform notwendig, sondern auch in den Schulen wird eine entsprechende Infrastruktur benötigt. Diese setzt sich in den Schulen vorwiegend aus Gebäude- und Netzwerktechnik sowie verschiedenen weiteren Komponenten zusammen.

Das Problem bei der Gebäude- und Netzwerktechnik ist, dass die Kommunen für die Schulgebäude und die darin verbaute digitale Technik verantwortlich sind – auch kostentechnisch. Und weil dort die Meinung herrscht, dass die Digitalisierung von Schulen eigentlich in der Verantwortung des Landes liegt, auch nicht so gerne dafür bezahlen. Nun, inzwischen existieren Fördertöpfe – in NRW als „Digitalpakt I – III“ (und inzwischen auch „Digitalpakt IV“) bezeichnet – über die die Kommunen zusammen mit den Schulen Fördergelder für die Digitalisierung von Schulen bekommen können. Auf der Homepage des Schulministeriums NRW heißt es dazu [1]:

„Antragsteller und Zuwendungsempfänger für den DigitalPakt (sic!) Schule ist immer der Schulträger, mit dem gemeinsam ein technisch-pädagogisches Einsatzkonzept (TPEK) erstellt werden muss. Ohne dieses TPEK ist eine Förderung nicht möglich. Zur Vorbereitung sollten die Schulen ihre technischen Bedarfe klären und pädagogisch begründen können. Außerdem muss geklärt sein, wie das Kollegium für die Nutzung der angeschafften Technik pädagogisch qualifiziert werden kann. Bereits vorhandene Medienkonzepte können zur Erstellung des TPEK herangezogen werden.“

Das bedeutet, dass sich „Schulträger“ (=Kommune) und „Schule“ (=Schulleitung) zusammensetzen müssen und ein „technisch-pädagogisches Einsatzkonzept“ miteinander erarbeiten müssen. Für jede Schule muss ein eigenes „technisch-pädagogisches Einsatzkonzept“ erarbeitet werden. Eine „Strukturvorlage“ wird gleich mitgeliefert [2]. Man kann sich vorstellen, dass der Zeitaufwand für die Erstellung der Antragsunterlagen immens ist – und die Frage aufwirft, wer denn eigentlich in den Bewilligungsstellen (in NRW die Bezirksregierungen) diese „Papierberge“ liest, bewertet, Rückfragen stellt und schließlich einen Bewilligungsbescheid ausstellt. Interessant wäre zu wissen, wie lange die behördliche Prüfungs- und Bewilligungsphase durchschnittlich dauert. Es ist ja durchaus im Rahmen des Vorstellbaren, dass während der Bearbeitungszeit eines einzigen Förderantrages in China ein Krankenhaus, ein Flughafen und fünf vollständig „durchdigitalisierte“ Schulen gebaut worden sind…

Und was brauchen die Schulen bzw. was müssen die Schulgebäude an digitaler Technik bieten ?

  • Eine ausreichend dimensionierte Stromversorgung. So trivial es auch klingen mag, aber alle digitalen Geräte einschließlich der digitalen Endgeräte brauchen Strom, um zu funktionieren. Ohne Strom keine Digitalisierung. So trivial ist das Problem hingegen leider nicht. Vielfach sind die Schulgebäude alt und die Elektroinstallation in den Gebäuden in die Jahre gekommen. Oftmals gibt es in den Klassenräumen nur eine, höchstens zwei Steckdosen – in Fachräumen auch mehr. Früher – als Unterricht noch Unterricht war – brauchte man höchstens eine Steckdose im Pultbereich für den Overhead-Projektor, manchmal auch für den Diaprojektor, selten für den Filmprojektor (ja, ja, die guten alten Lernfilme der FWU Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht…). Aber ganz sicher nicht, um digitale Endgeräte anzuschließen oder gar aufzuladen.
    Genau dafür werden aber heute Stromanschlüsse benötigt. Und eben nicht mehr nur einer oder zwei pro Klassenraum, sondern zukünftig wahrscheinlich sogar mindestens einer pro Arbeitsplatz. Dazu ist natürlich auch eine entsprechende elektrotechnische Gebäudeinstallation erforderlich. Anderenfalls wird die vorhandene Gebäudeinstallation mit großer Wahrscheinlichkeit überlastet.
     
Anekdote am Rande: An einer dem Autor bekannten Schule wurden die Schüler gebeten, für ihre digitalen Endgeräte auch eine entsprechend dimensionierte Powerbank zu beschaffen und jeweils geladen mitzubringen, damit die digitalen Endgeräte bei geringem Akkustand hilfsweise geladen werden können, ohne an die Stromversorgung des Gebäudes angeschlossen werden zu müssen. Womit sich – nebenbei – eine stattliche Anzahl kleiner, kompakter Lithium-Ionen-Akkus in der Schule befindet, die bei unsachgemäßem Umgang durchaus eine nicht unerhebliche Brandlast darstellen…
  • Eine ausreichend dimensionierte Netzwerkverkabelung, die zunächst aus einem leistungsfähigen, breitbandigem Backbone in Glasfaserverkabelung bestehen sollte. Damit werden alle Netzwerk-Unterverteilungen im Gebäude bzw. in den Gebäuden miteinander verbunden und der/die Serverraum/Serverräume angebunden. Zudem sollte auch eine entsprechende Anzahl von Glasfasern zwischen den Netzwerk-Unterverteilungen verlegt werden, um zukünftig weitere Verbindungen schalten zu können bzw. um Leitungen zu koppeln, um Bandbreiten zu vervielfachen (Link Aggregation mit LACP). Idealerweise werden alle Netzwerk-Unterverteilungen einschließlich des/der Serverraumes/Serverräume redundant auf zwei verschiedenen Leitungswegen angebunden, die eingebundenen Geräte sind in einer Spanning-Tree-Topologie konfiguriert. Solche Verkabelungen und Geräte-Konfigurationen lassen nicht nur die Bandbreitensteigerung durch logische Leitungszusammenschaltung zu, sondern erzeugen durch logische Pfadblockierung schleifenfreie Netzwerk-Topologien, was zugleich auch für Ausfallsicherheit des Netzwerk-Backbones im Falle von Leitungsbeschädigungen sorgt und sog. „Broadcast-Stürmen“ bei Schleifenbildung verhindert. Zur Sicherheit des Netzwerkes gehört natürlich auch die Segmentierung des Netzwerkes in voneinander unabhängige VLANs. Wichtig ist vor allem ein VLAN, über das die Netzwerk-Geräte (Router, Switches usw.) administriert werden und auf das nicht über die digitalen Endgeräte der Lehrer und Lehrerinnen oder der Schüler und Schülerinnen zugegriffen werden darf. Zudem dürfen die Management-Konsolen der Netzwerk-Geräte nicht über die VLANs für Lehrer und Lehrerinnen sowie Schüler und Schülerinnen erreichbar sein.

  • Eine ausreichende Anzahl von Netzwerkanschlüssen in den Klassenräumen, die ggf. bis hin zur Anzahl der Arbeitsplätze in einem Klassenraum/Fachraum reichen muss. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden in den Schulen jedoch digitale Endgeräte mit drahtloser Netzwerkverbindung zum Einsatz kommen, so dass die Anzahl der tatsächlichen LAN-Anschlüssen entsprechend reduziert werden kann (aber nicht auf das erforderliche Minimum, es sollte schon Reserve eingeplant werden). Auch die LAN-Anschlüsse – üblicherweise über Kupferkabel angeschlossen – sollten eine möglichst hohe Bandbreite bieten können, da das (mehrfach parallele) Streamen von Medien im Unterricht hohe Bandbreitenbedarfe erforderlich macht bzw. künftig machen wird. Daher sollte schon bei der Auswahl der Verkabelung auf eine hinreichende Zukunftsfähigkeit geachtet werden – der Austausch einer unterdimensionierten Verkabelung ist viel teurer, als die Investition in eine zukunftsfähige Verkabelung, auch wenn deren Möglichkeiten nicht von vornherein genutzt werden. „Haben und nicht brauchen“ ist besser als „brauchen und nicht haben“…

  • Ein ausreichend dimensioniertes, flexibel erweiterbares WLAN-System. Die Dimensionierung des WLANs und die Positionierung der „Accesspoints“ (=Zugangspunkte) muss besonders sorgfältig geschehen, da die Bandbreite die im WLAN dem einzelnen digitalen Endgerät durch den Zugangspunkt zugestanden wird, von der Anzahl der gleichzeitigen Verbindungen mit dem Zugangspunkt abhängt. Als „shared medium“ (=geteiltes Medium) wird die maximal verfügbare Bandbreite der WLAN-Verbindung auf die angeschlossenen Endgeräte „verteilt“; d.h. ist nur ein Gerät per WLAN angeschlossen, bekommt dieses die gesamte Bandbreite der drahtlosen Netzwerkverbindung zugeteilt (100%). Verbindet sich ein zweites Gerät, so wird die gesamte verfügbare Bandbreite auf zwei Geräte aufgeteilt (2 x 50%) – somit sinkt die Bandbreite mit jedem Gerät, welches sich mit dem drahtlosen Netzwerk über einen gemeinsam genutzten Zugangspunkt verbindet. Steht nur ein einziger Zugangspunkt zur Verfügung und befinden sich 25 Schüler und Schülerinnen mit digitalen Endgeräten in einer Klasse, so bekommt jedes digitale Endgerät nur ein fünfundzwanzigstel der Bandbreite.
    Es muss zudem beachtet werden, dass viele digitale Endgeräte bei Nichtbenutzung nicht wirklich „aus“ im Sinne von „ausgeschaltet“ sind – sie befinden sich in einem Ruhezustand um die Akku-Ladung zu schonen, suchen aber dennoch Verbindung zu bekannten WLAN-Netzwerken, um sofort einsatzbereit zu sein, wenn der Benutzer das Gerät aktiviert. Insofern muss einfach damit gerechnet werden, dass jedes WLAN-fähige Endgerät (Mobiltelefone, Tablet-Computer, Notebooks etc.) permanent mit dem WLAN verbunden ist, so lange es sich in Reichweite des WLANs befindet und demzufolge auch immer einen geringen Netzwerkverkehr verursacht. Zwar ist dieser Netzwerkverkehr im Ruhezustand viel geringer, als im aktiven Zustand, doch viele inaktive Geräte verursachen auch einen nicht zu unterschätzenden „Keep-alive“-Netzwerkverkehr.
    Daher ist ein „verwaltetes“ WLAN unverzichtbar. Eine Kontrollinstanz überprüft ständig, wie viele Endgeräte auf einem Accesspoint eingebucht sind und wieviel Netzwerkverkehr diese dort verursachen – verursachen sie eine für einen einzelnen Accesspoint zu hohe Last, nimmt die Kontrollinstanz Endgeräte von diesem Accesspoint herunter und verteilt diese auf umliegende Accesspoints. Die Netzwerklast wird auf viele Geräte verteilt („Load-Balancing“) – das heißt im Gegenzug aber auch, dass eine ausreichende Anzahl geeigneter Accesspoints vorhanden sein muss, um ein engmaschiges WLAN-Netz aufzubauen.