El Tren de Sóller

Man nimmt sich ja immer wieder Dinge vor, die man dann doch nicht macht. Aber irgendwann MUSS man sie dann doch einfach machen. Wir hatten uns schon im vergangenen Jahr vorgenommen, mit dem Zug von Palma de Mallorca nach Sóller und weiter mit der Straßenbahn von Sóller nach Port de Sóller zu fahren, dieses Vorhaben dann aber doch wieder aufgegeben, weil Mallorca einfach unglaublich viel zum Entdecken bietet. Und so fuhren wir in diesem Jahr recht spontan nach Palma de Mallorca, stellten den Mietwagen ab und gingen zu Fuß zum Bahnhof der Ferrocarril de Sóller S.A., von wo aus die Züge nach Sóller starten bzw. die Züge aus Sóller ankommen.

Schon im Bahnhof fühlt man sich in eine andere Zeit versetzt. Offiziell wurde die Strecke am 16. April 1912 eröffnet und die Betreibergesellschaft bedient die eingleisige Strecke heute noch mit liebevoll gepflegten und gewarteten historischen Fahrzeugen. Für Eisenbahnliebhaber einfach ein MUSS!

Der Bahnhof der Ferrocarril de Sóller S.A. in Palma de Mallorca – direkt gegenüber der Placa d’Espanya.

Wer zu früh – oder zu spät, je nach Betrachtungsweise – zum Zug kommt, kann sich im Bahnhofscafé niederlassen und dem Treiben auf der Placa d’Espanya oder auf dem Bahnsteig bei einer Tasse Kaffee (oder was man halt so bevorzugt) zusehen. Wer mag, kann natürlich auch im Souvenier-Shop die passenden Mallorca-Devotionalien erwerben…

Kulturelle Bildung ist selbstverständlich auch möglich und ausdrücklich erwünscht, denn am Ende des Bahnsteiges – in einer ehemaligen Wagenhalle der Ferrocarril de Sóller ist eine kleine, aber feine Ausstellung von Werken des Malers Joan Miró untergebracht, die kostenfrei besucht werden kann. Übrigens: im Bahnhof der Ferrocarril de Sóller in Sóller kann ebenso eine Ausstellung mit Werken von Miró und Picasso besucht werden.

In der historischen Schalterhalle erstanden wir die Tickets für die Bahnfahrt. Bis auf die modernen Abfahrtsanzeiger scheint auch in der Bahnhofshalle die Zeit etwas langsamer vergangen zu sein. Das Personal ist sehr freundlich, die Preise sind allerdings „gesalzen“. Pro Person sind 30 Euro für das Kombiticket „Palma-Sóller-Palma“ und „Sóller-Port de Sóller-Sóller“ zu entrichten. Machen wir uns nichts vor: mit dem Mietwagen ist man schneller und billiger in Sóller – selbst wenn man den mautpflichtigen Tunnel der MA-11 benutzt. Aber … dem Autofahrer entgeht wirklich ein Erlebnis! Spätestens während der Fahrt versteht man auch, warum der Preis gerechtfertigt ist – Bahnhöfe, Tunnel, Gleise und Fahrzeuge müssen aufwändig unterhalten werden, um die Bahn als Monument der Technik zu erhalten und sicher zu betreiben.

Gedenktafel zur Inbetriebnahme der Elektrifizierung der Strecke im Jahre 1929 im Bahnhof von Palma de Mallorca.

Sicherlich ist die Bahn ein Touristen-Magnet und die Mehrzahl der mit uns Reisenden waren Touristen. Aber – das sollte man nicht vergessen – die Bahn ist nach mehr als 100 Jahren immer noch ein wichtiges Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs für die Bewohner von Port de Sóller und Sóller und erfüllt immer noch die Aufgabe, für die sie einst gebaut wurde. Ich denke, dass die Initiatoren des Projektes immer noch stolz auf sich und ihre Leistung sein können – und ebenso können die Mitarbeiter der Ferrocarril de Sóller stolz auf „ihre“ Bahn sein!

Die Fahrt von Palma nach Sóller dauert etwa eine Stunde. In gemütlichem Tempo fährt der Zug mit einigen Stops durch Palma de Mallorca und erreicht nach etwa 10 km den Haltepunkt Bunyola.

Haltepunkt Bunyola. Der „Herren-Bahnhof“…

 

Anschließend führt die Strecke durch das Tramuntana-Gebirge hinauf zum Mirador del Pujol d’en Banya und dann in kurviger Strecke hinunter in das Tal von Sóller.

Der Zug – El Tren de Sóller.

 

Dabei hat man einen wunderbaren Blick auf Sóller – mal rechts der Bahn und dann nach der nächsten Kehre wieder links der Bahn.

 

Der Blick auf Sóller. Leider hatte ich kein stärkeres Tele-Objektiv dabei…

 

Schließlich endet die Fahrt im Bahnhof von Sóller. Der am Eisenbahnbetrieb interessierte Reisende kann nun beobachten, wie das in den Kopfbahnhof eingefahrene Triebfahrzeug von der Besatzung abgekoppelt und über das Umfahrgleis am abgestellten Zug vorbeifährt, um vor dem Zug in Richtung Palma de Mallorca wieder angekuppelt zu werden. Da dabei die eigentlichen Waggons nicht gedreht werden, hat man Sitzbänke gebaut, deren Lehne „umgeklappt“ werden kann – so können die Reisenden stets in Fahrtrichtung blicken. Oder zu vierte eine Sitzgruppe bilden…

Umsetzen des Triebfahrzeugs im Bahnhof von Sóller.

 

Triebwagen Nummer 1 im Bahnhof von Sóller.

 

Das Bahnhofsschild auf dem Bahnsteig des Bahnhofs Sóller.

 

Ein Waggon des Zuges. Ja, man kann während der Fahrt auf der Plattform stehen und sich den Fahrtwind um die Nase wehen lassen…

 

Beschriftung der Eisenbahnfahrzeuge

 

Das Wappen der Ferrocarril de Sóller an einem der Fahrzeuge.

 

Bis zur Straßenbahn nach Port de Sóller sind es nur wenige Schritte außerhalb des Bahnhofes. Da wir zwar schon einmal in Sóller gewesen waren, aber noch nie in Port de Sóller waren, beschlossen wir, unsere „Reise“ direkt mit der Straßenbahn fortzusetzen und erst nach der Rückfahrt ein paar Schritte durch Sóller zu tun.

Die Straßenbahn kommt…

 

Die knapp 5 km von Sóller bis Port de Sóller – Station „Port de Sóller – Marysol“ – werden in etwa 20 Minuten zurückgelegt. Wie gesagt: der Weg ist das Ziel. Wer ungeduldig ist und sich den Anblick der vorüberziehenden Zitronen- und Orangenbäume entgehen lassen will, nimmt das Auto… Und ja, trotz der drangvollen Enge in den Fahrzeugen der Straßenbahn gelang es dem Begleitpersonal jede Fahrkarte zu kontrollieren, Fahrkarten zu verkaufen und dabei auch noch gut gelaunt und zu Scherzen mit den Fahrgästen aufgelegt zu sein!

In Port de Sóller stiegen wir dann aus, um den Ort ein wenig zu erkunden. Entlang der Strandpromenade pulsiert das (touristische) Leben, das schöne Wetter und die angenehmen Temperaturen zogen die Menschen an den Strand und in die Strand- bzw. Promenadencafés und -restaurants. Während meine Familie lieber „touristisch“ unterwegs sein wollte, wollte ich mehr „fotografisch“ unterwegs sein und zog es vor, den Rummel zu verlassen und die steilen Sträßchen und Gäßchen hinaufzusteigen. Es lohnt sich! Einfach der Promenade bis zum Ende folgen (die Promenade endet vor dem Tor eines Militärstützpunktes, der Leuchtturm „Faro Port de Sóller“ ist nicht zugänglich) und dann die Treppen, Gäßchen und Sträßchen hinauf bis zur Placa de Santa Catarina. Von dort aus hat man einen beeindruckenden Blick hinab aufs Meer und – einige Schritte weiter – einen wunderbaren Überblick über Port de Sóller.

 

Gasse in Port de Sóller

 

Treppe zum Hafen in Port de Sóller

 

Ein Blick über Port de Sóller von der Placa de Santa Catarina. Na, ja – nicht ganz von der Placa – einen Schritt auf die Straße muss man schon machen…

 

Ein Blick hinab von der Placa de Santa Catarina

 

Die meerseitigen Klippen von der Placa de Santa Catarina gesehen.

 

Nun, Port de Sóller ist ganz hübsch, natürlich touristisch voll erschlossen und vielleicht nicht jedermanns Geschmack. Dennoch: die Fahrt mit dem historischen Tren de Sóller und der ebenfalls historischen Straßenbahn sollte man einmal gemacht haben. Wobei man sich auch ganz klar sagen muss „Der Weg ist das Ziel“.