Eine Fototour zu Silvester ? Und dann auch noch bei Dunkelheit ? Manchmal komme ich auf verrückte Ideen, aber ich brauchte den Ausgleich. Auch wenn’s der letzte Tag des Jahres 2016 war und die Temperaturen sprachen auch eher für einen gemütlichen Abend auf dem Sofa. Gegen 16.00 Uhr fuhr ich los und kam mit Einbruch der Dämmerung (und der Kälte) in Bottrop an. Mein Interesse galt zunächst der Kokerei Prosper – eine der letzten aktiven Kokereien im Ruhrgebiet. Schon bei der Anfahrt konnte ich den Geruch der Anlage deutlich wahrnehmen. Und ich stellte mir vor, dass vor meiner Zeit das ganze Ruhrgebiet rund um die Uhr so gerochen hat. Wahrscheinlich haben die Menschen den Geruch schon gar nicht mehr wahrgenommen – so normal war er und mit ihm die Abgase der Schwerindustie. Nun, diese Zeiten der zügellosen Emissionen sind durch strenge Umweltgesetze zur Vergangenheit geworden und das ist auch gut so. Vom Parkplatz der Ski-Halle hat man einen guten Überblick über die Kokerei Prosper.
Erwartungsgemäß war ich an diesem kalten Abend der einzige Fotograf auf dem Parkplatz. Allerdings nicht der einzige Mensch – eine ganze Reihe Menschen bereitete sich auf das Feuerwerk zum Jahreswechsel vor und testete schon einmal, ob Böller und Raketen auch wirklich funktionieren. Man muss schließlich sichergehen, damit dann um Mitternacht nichts schief geht…
Im Hintergrund entdeckte ich zwei Dinge, die mich dann später ebenfalls anzogen: die „Blauen Eier“, also die blau illuminierten Kühltürme der nahegelegenen Kläranlage der Emschergenossenschaft und die Schachtanlage Prosper II mit ihrem charakteristischen Malakowturm in den das Fördergerüst eingezogen wurde. Auf der anderen Seite des Parkplatzes hat man einen hervorragenden Blick auf die Halde Beckstraße mit dem Haldenereignis Emscherblick – kurz „Tetraeder“…
Vor einiger Zeit war ich mit meiner Familie oben auf dem Tetraeder und konnte den Blick auf die Ski-Halle und die Kokerei Prosper richten, diesmal eben umgekehrt. Interessant fand ich damals, dass ich die Höhe der Halde Beckstraße (rund 90 Meter über der Umgebung, ca. 120 m über NN) und die Größe bzw. Höhe des Tetraeders komplett unterschätzt habe. Immerhin ist die oberste Plattform des Tetraeders in 38 m Höhe über dem Plateau der Halde. Man hat einen unvergleichlichen Blick über das Ruhrgebiet, allerdings schwankt die Konstruktion doch ein wenig…
Von der Ski-Halle ist es nur ein „Katzensprung“ zur Schachtanlage Prosper II. Da an Silvester nichts los ist, konnte ich auch problemlos vor der Schachtanlage parken und meine Kamera samt Stativ aufbauen. Da auch die benachbarten Freizeitanlagen geschlossen hatten, war ich auch hier der einzige Mensch, der sich am Silvesterabend für Industrie und Industriekultur interessierte.
Und endlich fand ich den charakteristischen Malakowturm mit dem eingezogenen Fördergerüst beleuchtet vor. Auch hier war ich vor einiger Zeit schon einmal gewesen – leider war die Beleuchtung des Gebäudes ausgeschaltet, so dass ich auf ein Bild verzichtet habe. Natürlich war das Tor geschlossen, aber ich stellte das Stativ so auf, dass das Objektiv der Kamera zwischen den Stäben des Gitters „durchblickte“, so dass ich einen „unverstellten“ Blick auf den Malakowturm einfangen konnte. Und weil ich schon mal in Bottrop war, fuhr ich weiter zu den „Blauen Eiern von Bottrop“, wie die nächtlich blau illuminierten Faultürme der Kläranlage der Emschergenossenschaft genannt werden. Vom Malakowturm Prosper II sind es keine zwei Kilometer zu den „Blauen Eiern“ – jedenfalls wenn man nicht durch baustellenbedingte Umleitungen vom direkten Weg abgehalten wird und von seinem Navi mit „Bitte wenden“ genervt wird. Auch hier muss ich zugeben, dass ich die Größe der Faultürme komplett falsch eingeschätzt habe – die Dinger sind riesig. Allein die Höhe von 54 m ist beeindruckend, das Gesamtvolumen wird mit 60.000 m³ angegeben (das entspricht etwa 25 mal dem Inhalt eines Schwimmerbeckens mit 25 m x 50 m x 1,80 m). Und dann strahlen diese „Eier“ blau in die nächtliche Landschaft…
Das gute ist, dass man recht „dicht“ an die Faultürme herankommt und von daher mit weitwinkliger Brennweite fotografieren kann. Aufgrund der Stärke der Beleuchtung hält sich die Belichtungszeit selbst bei Blende 16 im für Nachtaufnahmen eher „kurzen“ Bereich zwischen 5 und 15 Sekunden – und das bei ISO 100.
Insgesamt war es ein entspannende und interessante Fototour zum Jahresabschluss. Kalt aber aus meiner Sicht erfolgreich. Und ich denke, dass ich die Tour irgendwann noch einmal machen werde. Je öfter man Objekte/Motive sieht, desto besser hat man sie gesehen. Und vor allem weiß man dann, wo man halten bzw. parken kann…