Noch mal auf’m Balkon…

Auf unserem Balkon ist die Hölle los. Mindestens immer dann, wenn die Amseln Hunger bekommen und sich um die „Pole Position“ an der Futterschale streiten. Ich hatte frei und habe mich noch einmal mit Teleobjektiv, Kamera und Stativ „auf die Lauer“ gelegt. Damit die Vögel mich nicht sehen, habe ich die Vorhänge geschlossen und das Teleobjektiv durch einen möglichst engen Spalt geschoben. Mit Wäscheklammern habe ich den Spalt auf das absolut notwendige Minimum verkleinert – allerdings habe ich nicht daran gedacht, dass dann beim Schwenken des Objektives eine recht große Fläche des Vorhang in Bewegung kommt. Die Vögel flohen bei jeder Bewegung des Objektives und des Vorhangs. Also habe ich den Spalt vergrößert, bis die Schwenkbewegungen des Objektivs nur noch sehr kleine Bewegungen des Vorhangs verursachten. Aber ganz klar: die Tiere bemerkten die Veränderung und waren nervös – aber eben auch hungrig…

Vorsichtig
Vorsichtig beäugt die Amsel das komische glänzende Ding hinter dem Vorhang. Keine Gefahr ? Erst einmal vorsichtig hinter dem Schirmständer hervorsehen…

 

Es zeigte sich, dass die Männchen deutlich mutiger waren und auch deutlich stärkere Schwenkbewegungen des Objektives tolerierten – offensichtlich macht Hunger mutig. Nach etwa einer Stunde scheuten die Männchen fast gar nicht mehr, während die Weibchen das Objektiv nach wie vor sehr, sehr mißtrauisch beäugten. Größere Schwenkbewegungen führten umgehend zur Flucht – aber die Tiere kamen nach einigen Minuten zur Futterschale zurück – und mussten sich wieder hinten anstellen und ihren Platz zwischen den Männchen finden.

Insgesamt konnte ich drei Männchen und zwei Weibchen unterscheiden, die in wechselnder Reihenfolge an die Futterschale kamen. Interessanter Weise hat jeder Vogel einen individuellen Landeplatz auf unserem Balkon. Grundsätzlich wurde von allen Vögeln das Geländer an individuellen Positionen angeflogen und darauf gelandet. Jeder Vogel landete bevorzugt an einer anderen Stelle – und erlaubte mir so nach etwa einer Stunde eine gewisse Identifikation. Vom individuellen Landeplatz ausgehend hüpften die Vögel zu der auf dem Tisch stehenden Futterschale – diese konnte dann mit einem größeren flügelunterstützten Hopser erreicht werden. Übrigens: jeder Vogel gibt individuelle Laute beim Hüpfen auf dem Geländer von sich – ein guter Hinweis, dass ein Vogel „im Anmarsch“ zur Futterschale ist…

Auf dem Geländer
Der Vogel hat es sich in der Warteposition „bequem“ gemacht und wartet darauf, dass er an das Winterfutter herankommt. Natürlich beobachtet auch er mißtrauisch das Objektiv zwischen den Vorhängen. Allerdings sind die Männchen mutiger als die Weibchen…

 

Auch auf dem Geländer
Alle müssen warten und sich immer wieder hinten anstellen…

 

Höchst mißtrauisch
Das Futter lockt natürlich. Aber trotzdem muss man natürlich vorsichtig sein.

 

Pole Position
Das ist die Pole Position. Wer hier sitzt, kann gucken und gleichzeitig nach Futter picken.

 

Mein Platz!
Ganz klar der „Chef“ auf dem Balkon.

 

Um den „Nahrungsnachteil“ der erheblich scheueren Weibchen auszugleichen, habe ich die Schale nach der Foto-Session noch einmal etwas aufgefüllt. Natürlich nicht zu viel, damit sich die Tiere nicht überfressen. Darüber hinaus gibt es nur einmal am Tag eine Handvoll Futter – wenn die Schale leer ist, müssen die Tiere sich anderweitig auf Nahrungssuche begeben. Und ganz klar: jetzt ist erst einmal wieder eine längere „Foto-Pause“ – das Objektiv steht aber immer noch auf demStativ und „linst“ durch den Vorhang. Die Tiere sollen sich an das „Ding“ gewöhnen und es nicht mehr als Bedrohung wahrnehmen. Zumal auch noch eine Doppelglas-Scheibe dazwischen ist…