(CB) Als man noch keine chemischen Elemente kannte, nahm man an, dass die Materie aus Feuer, Wasser, Luft und Erde besteht. Heute weiß man, dass das doch „etwas“ anders ist, als die mittelalterlichen Alchimisten annahmen, doch die vier Elemente bilden auch ein schönes fotografisches Thema für eine kleine Serie.
Nach längerer Konzeption habe ich mich für einen minimalistischen Ansatz entschieden, mit dem ich mich dem Thema nähern wollte. Steine symbolisieren die Macht der Elemente Feuer, Wasser und Luft und bilden selbst das Element Erde. Unsere Erde ist etwa 4,5 Milliarden Jahre alt und bestand zunächst aus glühender Materie, die sich im Laufe vieler hunderttausend Jahre abkühlte und so Gesteine bildete:
Die Steine, die hier auf dem Bild abgebildet sind – es sind Granitkiesel aus dem Baumarkt – sind allesamt älter als die Menschheit. DAS muss man sich erst einmal vorstellen. Jeder natürliche Stein, den wir auf dieser Erde finden, ist viel, viel älter als die Menschheit! Und auch wenn diese Steine heute recht klein sind, so sind sie doch einst Teil eines viel größeren Gesteins, ja wahrscheinlich sogar eines Gebirges gewesen, aus dem sie durch Wärme, Luft und Wasser herausgebrochen wurden. Über Jahrtausende wurden diese Steine aneinander und gegeneinander an der Luft und im Wasser abgeschliffen und sind dadurch immer kleiner geworden. Der eine Stein schneller, der andere langsamer. Und nun lagen sie – sortiert nach ihrer Größe – in einer Plastiktüte auf einer Europalette in einem Baumarkt. Und eigentlich waren sie nicht als Fotoobjekte vorgesehen, sondern als Material zur Gartengestaltung. Aber verdeutlichen wir uns, welche Kräfte seit Anbeginn ihrer Existenz auf sie eingewirkt haben – und nur eine extrem kurze Zeitspanne davon hat der Mensch Einfluss auf diese Steine genommen.
Je länger Steine Wind, Wetter und Wasser ausgesetzt sind, desto kleiner werden sie geschliffen. Doch auch dies geschieht nicht innerhalb eines kurzen Augenblicks – sofern der Mensch nicht mit maschineller Technik eingreift – sondern braucht sehr viel Zeit. Und aus großen Kieseln werden immer kleinere Kiesel… Und wieder wirken die Elemente Feuer, Wasser und Luft auf die kleineren Kiesel ein. Immer und immer – steter Tropfen höhlt den Stein, sagt man. Und wie wahr dies ist, wird einem immer dann nur allzu verdeutlicht, wenn man einen Kieselstein in die Hand nimmt und einen Moment darüber nachdenkt, was man da gerade in der Hand hält. Vielleicht ist es ein besonders hübscher Kieselstein, der es wert zu sein scheint, mitgenommen und dekorativ in den eigenen vier Wänden abgelegt zu werden. Vielleicht ist es auch ein besonders flacher Kiesel, der am Ufer eines Sees oder eines Flusses aufgelesen wurde – und nun in flachem Winkel über das Wasser geworfen wird, mehrfach von der Wasseroberfläche abprallt und schließlich in den Fluten versinkt. Wer hat das nicht schon selbst versucht und dabei gezählt, wie oft der Stein an der Wasseroberfläche abgeprallt ist – zweimal, dreimal, viermal…
Und damit ist der Stein wieder im Wasser, wo er wieder durch die Strömung hin und her bewegt wird, an anderen Steinen gerieben wird, manchmal im Eis einfriert und dann durch die Frühlingswärme wieder aufgetaut wird und dabei vielleicht erneut gespalten wird. Es entsteht Kies. Erst grober Kies, dann mittelgrober Kies, dann feiner Kies.
Und irgendwann ist aus einem Fels ein Sandkorn geworden.
Doch was passiert mit Sandkörnern ? Falls es ihnen gelingt, mit dem Fluss ins Meer gespült zu werden – eigentlich nichts mehr. Als Sandkorn an einem Strand zu liegen – eigentlich eine schöne Vorstellung. Doch die Sandkörner reiben auch weiterhin aneinander. Der Wind bewegt sie am Strand hin und her. Und sie werden kleiner und runder – als Bausand sind sie nun nicht mehr verwendbar. Sie haften nicht mehr ausreichend aneinander und geben Zement und Beton keinen Halt mehr…
Eigentlich ist es eine interessante Tatsache: auf der Welt gibt es Milliarden Tonnen von Sand – an den Küsten, in den Wüsten – doch der Sand zum Bauen wird knapp. Doch selbst dann, wenn aus Felsen Sandkörner geworden sind, geht der Verwitterungsprozess weiter. Auch ein einzelnes Sandkorn wird immer kleiner, immer mehr Material wird über die Zeit von ihm abgetragen, seine Oberfläche wird glatter und runder – und irgendwann ist auch ein Sandkorn „atomisiert“, seine Moleküle und Atome gehen wieder in den unendlichen Zyklus der Materie ein. Und – selbst wenn Kiesel und Sand in Gebäude als Baustoffe zum Bau von Gebäuden verwendet werden – auch diese Phase ist nur ein kurzer Moment in der Ewigkeit, die Gebirge zu Sand werden lässt. Und tatsächlich aufhalten wird diese Zeit als Teil eines Gebäudes den natürlichen Zyklus auch nicht.