Bild des Monats (07/2024)

(CB) Fast unendliche Weiten. Sommer. Sonne. Sand. Meer. Ruhe. Abstand von allen und allem. Allein mit den eigenen Ansichten, Gedanken und Ideen. Das kontemplative Empfinden des Hier und Jetzt. Dazu die Feststellung, dass man sich um Vieles Gedanken gemacht hat, die weder gebraucht noch gewünscht waren. Und die Feststellung, dass das eigene komplexe Denken viel zu komplex für andere ist. Was wiederum zu der Frage führt, ob andere Menschen auch einen „innere Dialog“ mit sich selbst führen und dabei ihre Gedanken selbst „hören“ und ihre Persönlichkeit dadurch strukturieren. Komplexität ist unerwünscht, weil komplexe Dinge das Nachdenken über sie verlangt um sie gedanklich zu durchdringen und damit zu erfassen. Nicht erbittet. Nicht empfiehlt. Sondern verlangt. Und viele mögen es nicht, wenn etwas von ihnen „verlangt“ wird. Scheinbar haben manche nur geringe Ansprüche an ihre eigene intellektuelle Persönlichkeit – anders ist die Oberflächlichkeit des Zeitgeistes nicht zu erklären. Anders ist auch kaum zu erklären, warum über absolute Belanglosigkeiten mit einer solchen Vehemenz gestritten wird – das Akzeptieren und das Verstehen von Gedanken und Meinungen, die von der eigenen Position abweichen, scheinen in Vergessenheit geraten zu sein. Ebenso die Bereitschaft durch andere Gedanken und Meinungen die eigene Position zu hinterfragen und durch Lernen zu erweitern.

Auch als ich dieses Foto gemacht habe, fand ein anderer – wieder deutlich älterer – Amateurfotograf belehrende Worte für mich und gab mir einen „Crash-Kurs“ in regelkonformer Bildgestaltung. Meiner Argumentation, dass ich das Foto gerade aus meiner als von mir selbst vollkommen positiv empfundenen gedanklichen Leere gemacht habe um genau diese visuell auszudrücken, konnte er nichts abgewinnen. Ein Bild brauche einen Zweck. Vordergrund, Mittelgrund, Hintergrund. Am besten der fotografischen Drittelregel folgend. Ein Drittel Strand, ein Drittel Meer und ein Drittel Himmel. Auch dass ich eigentlich seiner Gesellschaft überdrüssig war, interessierte ihn überhaupt nicht – nun hatte er ein „Opfer“ gefunden, bei dem er sein angelesenes und antrainiertes Fotowissen „ablassen“ konnte.

Allerdings: der deutlich ältere Amateurfotograf war ich selbst. Nach der erholsamen Zeit der Kontemplation mischte sich offensichtlich wieder der von der Gesellschaft geprägte Teil meiner selbst ein und versuchte mir zu erklären, dass das Abweichen von Regeln und Gepflogenheiten unzulässig sei und es nun an der Zeit wäre, diesen Irrweg wieder zu verlassen und zum Weg der Regelkonformität und der gesellschaftlichen Zweckdienlichkeit zurückzukehren. Was bleibt, ist der Zwiespalt.