Mal wieder ein Lebenszeichen…

(CB) Seit April war nun „Sendepause“ in meinem Blog. Nicht, dass ich nicht genügend Ideen habe – die bekomme ich von vielen Seiten schon frei Haus geliefert und Textfragmente habe ich genügend. Das Problem ist aber einfach die liebe Zeit, die ich brauche, Textideen und Textfragmente auszuformulieren, ggf. mit Bildern zu unterstützen und – ja, letztlich auch sprachlich „rund“ zu machen.

Für den Urlaub hatte ich mir vorgenommen, wenigstens ein paar Textideen und Textfragmente zu Beiträgen für mein Blog auszuformulieren und auszuarbeiten. Aber es blieb – mal wieder – bei den guten Vorsätzen. Aber letztlich ist mir dabei auch wieder aufgefallen, dass wir Menschen inzwischen wohl so „programmiert“ – oder sozialisiert – sind, dass wir Zeit nicht „unproduktiv“ verbringen wollen. Dieses Verhalten wird wohl aus unserer beruflichen Tätigkeit heraus entstanden sein, da wir dort (Arbeits-)Zeit so effektiv und effizient wie möglich einsetzen wollen – sprich: so produktiv wie möglich sein wollen. Oder auch sein müssen, wenn Arbeit zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig sein soll oder gar fertig sein muss. Aber um die berufliche Zeiteinteilung soll es mir hier gar nicht gehen – wer da Fragen hat, findet im Internet sicherlich jede Menge Informationen zur effektiven und effizienten Zeitplanung.

Mir geht es darum, dass wir berufstätigen Menschen wohl dazu neigen, auch unsere Freizeit – also die Zeit, in der wir nicht beruflichen Tätigkeiten nachgehen – möglichst effektiv und effizient einteilen und versuchen, so viel wie möglich „zu schaffen“. Besonders deutlich wurde mir dieser Umstand, als ich zufällig mitbekam, wie eine andere, sich auch im Urlaub befindliche Familie darüber ausließ, wann welche Aktivitäten in den nächsten zwei Urlaubswochen anstünden und wie möglichst viele Aktivitäten miteinander in Verbindung gebracht werden könnten. Daraus entwickelte die Familie tatsächlich einen Urlaubs-Aktivitätsplan. Ich kann allerdings nicht sagen, in wie weit sie diesen Plan auch tatsächlich umgesetzt hat oder mit welchen „Störungen“ die Familie konfrontiert wurde, aber mir wurde deutlich, dass ich wohl doch ein „Zeitverschwender“ im Urlaub bin.

Im Urlaub – aber auch sonst in meiner freien Zeit – möchte ich Dinge machen und erleben, zu denen ich spontan Lust habe und die ich nicht minutiös vorgeplant habe. Ich nehme mir nicht vor, heute mindestens 50 km mit dem Rad durch die Urlaubsregion zu fahren – wenn es sich ergibt, ist das in Ordnung. Wenn es sich nicht ergibt, ist das auch in Ordnung, denn dann haben sich unterwegs andere Dinge und Erlebnisse ergeben. Spannend ist ja, die Weil auch einmal entschleunigt zu erleben, Zeit haben und sich bewusst Zeit zu nehmen, um entschleunigt durch die Welt zu gehen. Für mich macht es schon einen Unterschied, einen Weg ganz bewusst zu gehen, um ihn wahrzunehmen. Zum Fotografieren gehen ich gerne – wenn ich dazu Lust und Laune habe. Ich muss das nicht jeden Tag und ständig machen. Und ich muss auch nicht jeden Tag meines Urlaubs eine Mindestzahl von Bildern auf die Speicherkarten „brennen“ – es ergibt sich oder es ergibt sich nicht. Und ich muss abends auch nicht umgehend die Speicherkarten auswerten, die Bilder sofort durch die Bildbearbeitung „jagen“ und die besten Bilder gleich hier oder sonstwo veröffentlichen. Ich bekomme für Schnelligkeit kein Geld und keinen Ruhm und ich bin kein Reportagefotograf, der seine „Story“ termingerecht abgeben muss. Ich fotografiere, weil ich gerne fotografiere. Fotografieren hat für mich – nicht immer – auch eine meditative Komponente. Nicht jedes Bild, welches so entsteht, ist hinterher ein „schönes“ oder ein „tolles“ Bild – muss es auch gar nicht. Ich mache das für mich, für mein Inneres, für meinen Ausgleich.

Ich mache gerne Urlaub an der deutschen Nordsee-Küste. Denn dort kann ich auch einfach mal am Deich sitzen, das Fernglas vor den Augen und im Vorland nach Wattvögeln zu schauen. Einfach nur zuschauen. Alle Wattvögel dürften schon hunderte von Malen fotografiert und beschrieben worden sein – da muss ich nicht auch noch Bilder liefern. Wenn sie sich ergeben, ist das schön, aufgrund der großen Entfernungen, die man zu Vögeln einhalten muss, um sie nicht aufzuscheuchen, sind gute Fotos mit meiner Ausstattung aber eher Glückstreffer. Ich finde es aber einfach entspannend, dem Treiben der Watt- und Seevögel mit Fernglas oder Spektiv zuzusehen. Das Verhalten reicht von der Gefiederpflege bis hin zum knallharten Nachbarschaftsstreit um die besten Nist- oder Futterplätze. Ein wenig muss man sich jedoch nach den Gezeiten richten, denn nur bei Flut sind die Vögel überhaupt an Land und in Sichtweite – bei Ebbe sind die meisten Wattvögel im Watt auf Nahrungssuche. Und auch das mache ich für mich, für meinen Ausgleich, für mein Inneres.

Rotschenkel
Ein Rotschenkel, der sich bereitwillig in Pose warf und fotografiert werden wollte.

Ich glaube, dass viele Menschen inzwischen verlernt haben oder sich sogar gar nicht trauen, sich in ihrer freien Zeit auch wirklich einmal „frei“ zu nehmen und einfach nichts zu tun. Man ist einfach immer beschäftigt, man geht einfach immer einer (gesellschaftlich als „sinnvoll“ angesehenen) Tätigkeit nach. Das gehört sich so. Gartenarbeit, Heimwerken, Sport und vieles andere mehr. Unter anderem auch das Fotografieren. Unsere Gesellschaft hat es tatsächlich geschafft, auch in der freien Zeit einen Leistungsdruck aufzubauen… Nichtstun wird mit „Faulheit“ oder „Trägheit“ konnotiert. Persönlich halte ich das bewusste „Nichtstun“ in der freien Zeit nicht für „faul“ oder „unproduktiv“ oder gar für „verschwendete Zeit“, sondern ich denke, dass gerade diese bewusste Entschleunigung einen wesentlichen Beitrag zum Wohlbefinden und zur Erholung liefert. Das mag jeder bitte individuell für sich entscheiden, aber ich halte das „Herunterfahren“ des Gedankenkarussells für einen wichtigen Aspekt der Erholung, für einen wichtigen Moment der persönlichen Entspannung. Und ich meine, dass es kontraproduktiv für Entspannung und Erholung ist, wenn man sich dann in seiner freien Zeit zusätzlich mit einer Zeitplanung was wann zu erledigen ist, bindet, ja sogar belastet. Dann ist es sofort wieder da, das schlechte Gewissen, nicht alles termingerecht erledigt zu haben – selbst wenn man gar nichts erledigen muss. Und das ist Stress. Genau der Stress, der auch durch beruflichen Zeitdruck entsteht und den die meisten Menschen als störend empfinden. Und der soll doch in der Freizeit ausgeglichen werden…