Frollein Leica rief…

… und ich antwortete, weil ich den Menschen Holger Reich kennenlernen wollte. Die Idee, dass sich zwei ambitionierte Fotografen und Blogger treffen, um gemeinsam durch Wuppertal zu schweben und sich dabei von ihrer Leidenschaft (an)treiben lassen, fand ich faszinierend. Ich erhoffte mir, durch die Sicht- und Denkweise eines anderen Fotografen neue Impulse für meine eigene Fotografie – die zur Zeit ein wenig im „Kreatief“ hängt – zu bekommen.

Nach Oberbarmen

Wir trafen uns an der Schwebebahn-Endhaltestelle in Vohwinkel und begannen die Tour erst einmal mit einem Kaffee und einem „Kennenlern“-Klönschnack. Danach nahmen wir die Schwebebahn Richtung Oberbarmen.
Doch leider konnten wir auch in Richtung Oberbarmen dem unbarmherzigen „Wuppertaler Sonnenschein“ nicht entkommen…
Holger schlug vor, dass wir uns fotografisch mit dem Thema „Licht und Schatten“ in S/W auseinandersetzen könnten und er schlug als Location die Unterführungen am Alten Markt in Barmen vor.

Metall

Als sie erbaut wurden, waren die Unterführungen sicherlich Schmuckstücke der urbanen Nachkriegsentwicklung in Wuppertal und trennten Fußgänger und Autos. Ich selbst kann mich noch an die Unterführung vom Kaufhof Barmen zum Schwebebahnhof „Alter Markt“ erinnern. Dort gab es damals noch Geschäfte. Heute sind die Tunnel oberirdischen Ampelanlagen gewichen und die verbliebenen fristen ein eher tristes Dasein und verursachen bei den meisten Benutzern eher ein beklemmendes Gefühl. Hier fotografieren ?

Eingang zur Unterwelt

Hier fotografieren!

Ja – die eigene Komfort-Zone verlassen und etwas Neues machen. Die Location und S/W waren Herausforderungen, die ich annehmen wollte. Während Holger schnell ein Motiv fand, musste ich umdenken. Auf diesen Ort war ich nicht vorbereitet. Aber genau das war ja das Gute! Der Impuls! Motive in dieser tristen Umgebung sehen lernen.

Was macht der da?

Licht. Ja, in dieser Umgebung fehlt erst einmal das Tageslicht. Fotografisch eine Frage von ISO, Blende und Verschlusszeit – Basics. Aber was ist „Licht“ in dieser Umgebung ? Die Umgebung wird durch Leuchtstoffröhren kalt und unsympathisch beleuchtet. Reduziert auf schwarz-weiß drängen sich Formen und Linien in den Fokus des Sehens.

Licht

Schnellen Schrittes mit gesenktem Blick durchquerte diese Fußgängerin die Unterführung. Man merkte ihr an, dass sie diesen Ort nicht einladend fand und möglichst schnell wieder an die Oberfläche wollte. Beklemmung ? Furcht ?

Beklemmung

Im Übrigen: mein erstes Street-Foto. Tatsächlich etwas Neues gemacht. Und es fühlte sich interessant an.

Eilig

Zwar regnete es in der Unterführung nicht, das Wasser fand aber durch Undichtigkeiten doch einen Weg in die Unterführung und bildete eine Pfütze. Nein, keine Pfütze – einen Spiegel, in dem sich Lampen, Wände und Passanten spiegelten. Banalität neu gesehen.

Glas

Und irgendeiner zerdeppert immer Flaschen in Unterführungen. Aber selbst die Scherbe auf der Treppenstufe ist plötzlich ein Motiv…

 

Mini

Aber – trotz des Regens – verließen wir Wuppertals unterirdische Fußgängerwege und fanden und unter dem ehemaligen Kaufhof-Parkhaus wieder.

I’m alive!

Vor dem Opernhaus „besuchten“ wir die chromglänzende Skulptur „I’m alive“ von Tony Cragg. Mitten auf dem Grünstreifen der B7. Die Skulptur erlaubt interessante Durchblicke auf den Verkehr der B7 und bietet Spiegelungen ohne Ende. Schade, dass gerade keine rote Schwebebahn vorbeikam.

Gegensatz

Hinter dem Opernhaus dann diese Location: eine alte Tankstelle – vom Baustil her wohl in den 1950er oder 1960er Jahren erbaut. Damals gab es dort nur Benzin, Ölstandskontrolle und Reifenluftdruckkontrolle – natürlich vom freundlichen Tankwart. Heute – vor dem Hintergrund der niemals geschlossenen Mini-Supermärkte mit angeschlossenem Benzinverkauf – nehmen die modernen Autofahrer diese verfallenden Automobilisten-Tempel nicht einmal mehr wahr.

Die Sonne

Nach einer ausführlichen „Klönschnack-Pause“ in der Barmer Fußgängerzone gingen wir durch den Regen zum Schwebebahnhof „Werther Brücke“, um zurück nach Vohwinkel zu schweben.

Auf dem Rückweg nach Hause schwirrten meine Gedanken um das Erlebte und ich versuchte, für mich ein fotografisches Fazit des Tages zu ziehen:

  • Man kann im Regen fotografieren. Und es macht Spaß.
  • Man kann überall Motive finden – erst recht an Orten, an denen man sie nicht erwartet. Das Sehen ist das Wesentliche.
  • Nimmt man die Farbe aus dem Bild, bleiben Formen, Linien und Inhalte.
  • Nicht immer muss ein Bild technisch einwandfrei sein, um zu wirken.

Mein persönliches Fazit: Danke, Holger! Das kam jetzt zur richtigen Zeit mit den richtigen Worten. Es war ein Vergnügen mit Dir bei Regen durch Wuppertal zu schweben. Ich hoffe, dass Du auch gerne an diesen Tag und einen (Amateuer)Fotografen aus Schwelm zurückdenkst.